Michael Hengehold
Der Stadtparteitag der CDU Melle am Freitagabend beginnt um kurz nach 18 Uhr mit einem Knall: Der Vorsitzende Niklas Schulke erklärt seinen Verzicht auf das Amt.
Schulke kommt am Freitagabend direkt zur Sache, erklärt schon in den ersten Worten seiner Begrüßungsrede, dass er nicht wieder antreten wird. Dann allerdings nimmt er gehörig Anlauf und lässt zunächst die drei zurückliegenden Jahre Revue passieren, die von Corona geprägt waren. Sprich: keine Parteitage in Präsenz, stattdessen Video- und Telefonkonferenzen.
Dann erläutert Schulke seine Beweggründe. Beruf, Privatleben und als Weiterbildung ein Studium „sind angesichts der bei mir vielleicht auch zu hohen Ansprüche nicht immer leicht unter einen Hut zu bringen. Das musste mein Umfeld auch feststellen.“ Er habe gemerkt, dass die Leitung des Stadtverbands sehr aufwendig sei, „wir sind ja fast ein eigener kleiner Kreisverband. Und da habe eben „irgendetwas zurückstecken müssen“.
Zwar habe er überlegt – auch weil vom einen oder anderen der Wunsch an ihn herangetragen worden sei –, noch ein oder zwei Jahre weiterzumachen. Aber letztlich sei er, so Schulke, zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Wechsel jetzt richtig sei.
Das auch im Hinblick auf die kommenden Jahre mit Europa-, Bundestags- und Kommunalwahl (in der Reihenfolge: 2024, 2025, 2026). Dafür sollen nun mit entsprechend großem Vorlauf die Weichen gestellt werden. Schulke: „Und dann werden wir uns von Jahr zu Jahr steigern.“
Seine Amtsaufgabe sei im Übrigen kein Abschied aus der Politik. Er werde seine Mandate im Stadtrat sowie Ortsrat Gesmold „mit voller Leidenschaft“ weiter ausüben, denn „Politik macht ja auch Spaß“.
Quasi als letzte Amtshandlung hat Niklas Schulke dann die Weichen im CDU-Stadtverband Melle selbst gestellt. Er machte den Mitgliedern im Forum einen Vorschlag, der historisch ist: eine Doppelspitze. In Schulkes Worten: „Ich möchte euch einen neuen Weg empfehlen.“ Christina Tiemann aus Bruchmühlen und Timo Radke (Neuenkirchen) haben die Christdemokraten auserkoren, sie in die Zukunft zu führen.
Das sind die neuen Vorsitzenden Tiemann sitzt im Ortsrat Bruchmühlen sowie im Kreistag, war lange Mitglied im Stadtrat. Schulke: „Sie bringt ihr inhaltliches Wissen der letzten Jahrzehnte ein und politisches Gespür.“ An ihrer Seite: Timo Radke, Mitglied im Ortsrat Neuenkirchen und dort seit 2016 Vorsitzender des Ortsverbands. „Als Vorsitzender weiß er, wie Strukturen funktionieren und wie Kontakte geknüpft werden müssen“, sagte Schulke über den 31-jährigen Berufssoldaten.
„Mir wurde attestiert, dass ich den Ortsverband gut geführt habe. Jetzt möchte ich mich im Stadtverband einbringen. Wir bitten um Ihr Vertrauen“, sagte Radke in seiner kurzen Drei-Sätze-Vorstellung. Christina Tiemann umriss anschließend „Timos und meine Ideen“.
Grundsätzlich gelte: „Wir brauchen keinen Neuanfang und wollen auch keinen. Wir können auf die gute Arbeit des alten Vorstands aufbauen. Und da, wo es nötig ist, werden wir die Stellschrauben in die richtige Richtung drehen.“ Beim Umstand, dass nun erstmals eine Doppelspitze die Christdemokraten im Grönegau führt, hielt Tiemann sich nicht lange auf. „Wir alle mussten erkennen, dass es als Einzelkämpfer kaum möglich ist, diese Position auszufüllen“, lautete der einzige Satz zum Thema.
Tiemann verwies auf „richtungsweisende Wahlen“, die bevorstehen: Europa votiert im kommenden Jahr, der Bundestag steht 2025 an, und 2026 folgen Kommunalwahlen. Das sei der wichtigste der drei Urnengänge, denn: „Melle kann es eigentlich besser.“ Aktuell herrsche eher Stagnation, zudem würden im Rathaus die falschen Schwerpunkte gesetzt. „Und man kann die Frage stellen, ob es an Führungsstärke fehlt“, sagte Tiemann, ohne den Namen von Bürgermeisterin Jutta Dettmann in den Mund zu nehmen.
Diese Themen will die CDU in Melle bearbeiten Um für 2026 gerüstet zu sein, gelte es schon jetzt, in den Ortsverbänden auf mögliche Kandidaten zuzugehen „und natürlich auch die Suche nach möglichen Bürgermeisterkandidaten anzuschieben“.
Inhaltlich nannte Tiemann die laufende Diskussion um die Schulstandorte (braucht es drei Oberschulen?), in die sich die Christdemokraten „aktiv einbringen“ wollen. Dass die Machbarkeitsstudien dazu „lange geheim gehalten“ wurden, habe nur Unruhe verursacht. Die CDU will das Thema offener angehen und dazu Veranstaltungen für Bürger anbieten.
Zweitens soll die CDU dafür stehen, die Bürger bei anstehenden Entscheidungen frühzeitig und aktiv mitzunehmen. Als Beispiel dafür, wie es nicht laufen soll, nannte Tiemann die Information der Riemsloher in Sachen Unterbringung von Flüchtlingen.
Außerdem will die Partei Anreize im Klima- und Umweltbereich bieten. Mittelstand und Landwirte dürften nicht länger von „überbordender Bürokratie gegängelt“ werden, sodass ihnen keine Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben bliebe.
Weiterhin gelte es, die Kommunikation zu verbessern, zum Beispiel auf Instagram präsent zu sein und Whatsapp-Gruppen einzurichten, sowie die Ortsverbände zu unterstützen.
Die neuen Vorsitzenden wurden mit 100 Prozent der Stimmen ins Amt gewählt.
Und so sieht der Vorstand nun aus Christina Tiemann stellte die weiteren Kandidaten für den Vorstand vor. Bei den Stellvertretern gibt es eine Änderung. „Sie haben wirklich super Arbeit geleistet“, sagte Tiemann über Malte Stakowski und Elisabeth Aryus-Böckmann, die wiedergewählt wurden. Christoph Heidenescher schied aus, seinen Posten übernimmt Herla Wendelin-Feindt. Beide Frauen wurden mit je 94 Prozent der Stimmen gewählt. Stakowski vereinigte sogar 100 Prozent der 36 Voten auf sich.
Als Schatzmeister wurde Lars Albertmelcher ebenfalls mit 100 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Womöglich auch, weil es ihm zuvor gelungen war, seinen Kassenbericht für gleich drei Jahre (wegen Corona) in kürzester Zeit und trotzdem verständlich und übersichtlich vorzutragen.
Neu im Vorstand sind Moritz Wehrmann (Öffentlichkeitsarbeit) und Tobias Schröder als Mitgliedsbeauftragter.